KFK-Konzert: 108 Fahrenheit - "Kein Herz"

Anregende Melancholie in Form von ehrlichem Understatement

Pop und Poesie, noch dazu auf deutsch – das ist in der hiesigen Musiklandschaft ein schmaler Grat, auf dem nicht wenige ambitionierte Bands schnell die Balance verlieren. Entweder wird’s banal oder kitschig, im schlimmsten Fall sogar beides. Glücklicherweise sind die Mannen um Kai Niemann meilenweit davon entfernt, und »108 Fahrenheit« schicken sich mit ihrem neuen Studioalbum »Kein Herz« an, dem deutschsprachigen Pop ein Kapitel hinzuzufügen, das nicht vor klebrigen Plattitüden trieft, sondern anregende Melancholie in Form von ehrlichem Understatement pflegt.

Dazu gehört natürlich erst einmal die virtuose Handhabung von Saiten jeglicher Coleur ebenso wie Drumsticks und Besen. Die sechsköpfige Band zelebriert dabei ihr studiertes Handwerk, ohne sich in übertriebenen Schnörkeln zu verlieren. Fast schon als Markenzeichen tänzelt das Banjo von Marco Pfennig mal ironisch, mal melancholisch um Akustik- und E-Gitarren, um Bass und Schlagzeug herum. Aber was wäre all diese unaufdringliche Instrumental-Virtuosität und gleichzeitige musikalische Leichtigkeit ohne den entsprechenden Gesang? Diesen intoniert Kai Niemann mit einer so sanften Bestimmtheit, die ihresgleichen sucht – ganz einfach, weil Niemann etwas zu »sagen« hat, eben sein Herz sprechen lässt – ganz ohne Kitsch und Banalitäten.

Fernab tausendfach gehörter Herzschmerz-Phrasen erzählt und singt Kai Niemann von den großen Gefühlen im Kleinen („...jeder Stein auf dem Weg bringt Dir Glück...“), von Erinnerungen jenseits von Nostalgie („Ich bin schon so alt, doch ich wein wie ein Kind in mein Kissen.“), von Lebens- und Liebensphasen („..sag mir dass Du mich liebst, auch wenn du dabei lügst. Wie früher, Baby“). Und irgendwo zwischen Anklängen von Element of Crime und Mumford & Sons, zwischen Pop und leichten Folk-Zitaten passiert es dann: »108 Fahrenheit« werden für den Hörer zum Soundtrack eines melancholisch-daseinsbejahenden Roadtrips entlang der herbstlich-warmen Allee namens Leben.

Man könnte glatt versucht sein, »Kein Herz« als Pop-Poesie und »108 Fahrenheit« als Pop-Poeten zu bezeichnen. Aber das würde aus den genannten Schmaler-Grat-Gründen dem Sextett aus Leipzig und Dresden ja nicht gerecht werden. Versuchen wir es einfach so: »108 Fahrenheit« holen mit ihrem zweiten Album die Hörer und vor allem auch das Live-Publikum nicht nur ab, sondern nehmen es mit, ohne sich anzubiedern. Kurz: »Kein Herz« wird zu »Dein Herz«.

»108 Fahrenheit« sind:

Kai Niemann - Gesang
Marco Pfennig - Banjo
Adrian Kehlbacher - Bass
Alexander Henke - E-Gitarre
Thomas Hübel - Akustik-Gitarre
Stephan Salewski - Schlagzeug

Anhören!

Foto by Silke Kurtz

Vorverkauf: 17,-€ + Gebühr bei Culton

Abendkasse: 20,-€

Einlass: 19 Uhr / Beginn: 20 Uhr